Design für Musik:
Inspiration ja, Abkupfern nein

von Sebastian Hartmann

In den Neunzigern, also kurz bevor das Internet richtig wichtig wurde, gab es im Indie/Retro Bereich diese Haltung alte Sachen zu klauen sei schon irgendwie okay. Man hat aus den Sechzigern Coverdesigns 1:1 nachgebaut, Melodien und Akkordfolgen von alten Stücken recycled. Diese Praxis ist heute wesentlich weniger zu beobachten. Es gibt auch einige Blogs die sich täglich mit dem Thema Ideenklau befassen.

Abkupfern war natürlich für Leute die weniger talentiert sind eine „praktische“ Art an Ideen heranzukommen. Heute gibt es weitere Möglichkeiten wie Stocklibraries und Crowdsourcing. Das ist Futter für billige Schnellschüsse. Die besten Ergebnisse aus diesen Pools mögen momentan noch akzebtabel wirken, aber mit über ein paar Jahre geschulten Augen werden sie dem ihnen gebührenden Trashumfeld zuzuordnen sein. Da ist das Schicksal mit den Ideenklauern der Neunziger gnädiger. Die schöpften meistens aus ihren eigenen Plattensammlungen, wodurch zwar historisch und manchmal auch stilistisch eine falsche Zuordnung entstand, dem Ergebnis aber doch ein solides Design und eklektizistischer Geschmack zugrunde liegt. Abkupfern ist weniger cool als eine Bankrotterklärung. Es wird eine Chance verschenkt einem Release das ultimative visuelle Pendant an die Seite zu Stellen. Coverbands sagen auch „Wir können keine eigenen Songs schreiben“ – aber sie betreiben wenigstens keinen Etikettenschwindel.

Der Designer will inspiriert sein, und mitunter kann das Endprodukt recht nahe am Quell der Idee liegen, aber es wird dann auch unzählige Details geben die nur mit diesem Auftrag Sinn machen. Meiner Erfahrung nach ist es gut dem Designer zwischen einer Handvoll und einem Dutzend Inspirationsquellen vorzulegen, und am besten zu erläutern was man daran gut findet. Das hilft einem Gestalter schnell eine vage Vorstellung praxisnah zu einer Idee zu entwickeln.

Im Webdesign wird ständig analysiert was sich im Bereich der Designpatterns tut. Ein etwas komplexeres Thema als im Print, da Webseiten und Apps interaktiv sind. Man kann sich vom Look der einen Seite inspirieren lassen, sich aber für eine ganz anderes Designpattern entscheiden.

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